Wie sich der Körper regelmäßig verjüngt
Obwohl das Alter sichtbare Spuren hinterlässt, ist der größte Teil des Körpers deutlich jünger als wir selbst. Das Durchschnittsalter aller Zellen liegt bei sieben bis zehn Jahren.
Die Zahl Sieben hat für manche Menschen eine besondere Bedeutung – schon seit der Antike. Der Philosoph Philon von Alexandria, der um Christi Geburt lebte, teilte das Leben auf der Suche nach Mustern in Jahrsiebte ein: Im ersten bekommt der Mensch die Milchzähne, im zweiten wird er geschlechtsreif. Im dritten bekommt der Mann einen Bart, und im fünften wird geheiratet. Im zehnten Jahrsiebt war es laut Philon besser zu sterben, um nicht als gebrechlicher Greis zu enden.
Ein Witz – nach heutigen Maßstäben: Können 65-jährige Männer hierzulande im Schnitt noch mit 18 Lebensjahren rechnen, gleichaltrige Frauen sogar mit 21.
Körper ist viele Jahre jünger als wir selbst
Dennoch hat sich die Faszination für den 7-Jahres-Zyklus bis heute gehalten, und das liegt vor allem an Rudolf Steiner, dem Anthroposophen und Begründer der Waldorf-Pädagogik. Seiner Theorie nach ist die Regel nicht nur auf die Lebensumstände anwendbar, auch Charakter und Psyche eines Menschen wandeln sich in festen Rhythmen. Und vor allem der Körper. „Der Mensch stößt im Laufe von sieben bis acht Jahren seine sämtliche physische Materie ab und erneuert sie“, formulierte es Steiner. Klingt gut, oder? Doch was sagt die moderne Zellbiologie dazu?
Obwohl das Alter unübersehbare Spuren hinterlässt – die Haut erschlafft, die Haare ergrauen –, ist tatsächlich der größte Teil unseres Körpers viele Jahre jünger als wir selbst. Das Durchschnittsalter sämtlicher Zellen eines Erwachsenen dürfte bei sieben bis zehn Jahren liegen, wie der Stammzellenforscher Jonas Frisen vom Stockholmer Karolinska-Institut herausfand. Dass Körperzellen absterben und durch neue ersetzt werden, liegt also in der Natur des Menschen.
Verjüngung der Zellen verläuft unterschiedlich schnell
Gut beobachten lässt sich dieser Prozess beispielsweise bei einer Schnittwunde, die durch nachwachsendes Hautgewebe wieder verheilt. Ähnliches passiert fortwährend anderswo im Körper – nur in verschiedenem Tempo: Eine Fettzelle lebt etwa acht Jahre, nach etwa zehn Jahren haben wir ein neues Skelett. Auch die Leber ist ein wahres Regenerationswunder. Nach einer Verletzung oder Teilentfernung – etwa zur Organspende – reichen ihr sechs Monate, um wieder vollständig nachzuwachsen.
In der Lunge laufen die Prozesse unterschiedlich schnell ab. Lungenzellen werden zwar ersetzt, aber nur sehr langsam. Andere Bestandteile wie die Lungenbläschen bringen sich hingegen – ähnlich wie Haut- oder Darmzellen – in rasendem Tempo auf Vordermann. Nur rund acht Tage brauchen sie, um sich einmal komplett runderneuert wieder der Atmung zu widmen.
Lebensstil beeinflusst Regenerationsprozess
Allerdings zeigt sich gerade an der Lunge sehr gut, wie der Lebensstil den natürlichen Verjüngungsprozess außer Kraft setzen kann. Umwelteinflüsse – allen voran Nikotinkonsum – können die Regeneration nahezu gänzlich zum Erliegen bringen. Laut einer britischen Studie bleibt bei einem langjährigen Raucher auch nicht mehr viel, was es zu erneuern lohnt: Rund vier bis zehn Prozent der Lungenzellen dürften dann noch als gesund gelten. Dem Rest droht die Umwandlung in Krebszellen. Doch für einen Rauchstopp ist es nie zu spät. Wer durchhält, den belohnt die Lunge mit der Neubildung gesunder Zellen. Rund 15 Jahre nach der letzten Zigarette ist sie in der Regel wieder so in Schuss wie vor dem ersten Zug.
Auch dass Fettzellen regelmäßig absterben, garantiert keinen automatischen Gewichtsverlust. Denn es ist vor allem die Größe der Zellen, die entscheidet, nicht die Anzahl. Die bleibt im Erwachsenenalter konstant, wie schwedische Forscher entdeckten. Anders bei Kindern und Jugendlichen: Sie können an Gewicht zulegen, weil die Gesamtzahl der Fettzellen in ihrem Körper zunimmt. Auch das unterstreicht die Bedeutung eines gesunden Lebensstils: Viel Bewegung und eine ausgewogene Ernährung im Kindesalter tragen dazu bei, dass die Zahl der Fettzellen nicht überhand nimmt, die man zeitlebens mit sich „herumschleppt“.
Viel Bewegung, Verzicht auf Zigaretten
Ein normales Gewicht und der Verzicht auf Rauchen helfen beispielsweise auch, um Knochenschwund im Alter zu vermeiden. Wenn es ab der Lebensmitte zum Hormonabfall kommt, erneuert sich das Skelett nicht mehr so schnell, was zu Osteoporose (Knochenschwund) führen kann. Um diese zu bremsen, sollte man sich zudem kalziumreich ernähren und sich regelmäßig bewegen.
Fazit: Mit Blick auf die Verjüngung der Zellen ist die 7-Jahres-Theorie durchaus zutreffend – sofern man die Phasen nicht allzu eng auslegt. Welchem Rhythmus wir körperlich letztlich folgen, bestimmen wir aber vor allen durch unsere Lebensweise entscheidend mit.