Faltenbringer

03.05.2019

Was uns wirk­lich alt aus­se­hen lässt

Nicht jedem steht sein wahres Alter ins Gesicht geschrieben. Die Gene spielen dabei eine Rolle. Doch so manche Falte haben wir uns selbst zuzuschreiben.

© master1305 / GettyImages

Jung und alt. Die Spannkraft der Haut lässt im Lauf des Lebens nach.

„Mensch, ist der alt geworden.“ Oder: „Die hat sich ja echt gut gehalten.“ Klassentreffen sind die ideale Gelegenheit, sich mit Personen seines Jahrgangs zu vergleichen. Denn obwohl wir alle altern, tun wir das offensichtlich unterschiedlich schnell. Doch woran liegt es, dass der eine mit 50 noch volles Haupthaar besitzt, sein ehemaliger Banknachbar aber schon lange kahl ist? Und warum hat die andere lediglich ein paar Lachfältchen, während ihre frühere beste Freundin locker fünf Jahre älter geschätzt wird?

Haut altert wie jedes andere Organ

Während die erste Frage schnell mit „vererbt“ zu beantworten ist, braucht die zweite – die nach der Hautalterung – ein bisschen mehr Platz. Grundsätzlich ist Hautalterung etwas, mit dem wir alle zu kämpfen haben. In jungen Jahren ist unser größtes Organ stabil, zugfest und dehnbar. Werden wir älter, nimmt die Anzahl der Bindegewebsfasern aus Kollagen und Elastin in der so genannten Lederhaut ab, das Hautgewebe wird dünner, der Wasser- und Fettgehalt sinkt. Zudem teilen und erneuern sich unsere Hautzellen im Alter nur noch halb so oft wie in der Jugend – gut einmal in zwei Monaten. Das Ergebnis ist sichtbar: Falten, Altersflecken und durchschimmernde Äderchen, vor allem auf den Händen und im Gesicht.

Gen macht zwei Jahre älter

Was die unterschiedliche Alterung angeht, haben Forscher der Erasmus University Rotterdam mit MC1R ein Gen im Verdacht, das eigentlich bei der Bildung unserer Haut- und Haarfarbe mitmischt. Bei der Analyse von Erbgut und Gesichtern von rund 2700 älteren Niederländern stellte sich jedoch zusätzlich heraus: Menschen, die eine bestimmte Variante dieses Gens besitzen, wirken im Schnitt zwei Jahre älter als sie tatsächlich sind. Unter anderem erschlafft ihre Haut schneller, ihre Lippen verlieren früher ihre Fülle.

Der Veranlagung sollte man dennoch nicht allzu viel Einfluss zusprechen, sagt Jean Krutmann.  „20 bis 30 Prozent der Hautveränderungen werden durch genetische Faktoren bedingt. Die restlichen 70 bis 80 Prozent entstehen durch Umwelteinflüsse“, weiß der Leiter des Leibniz-Instituts für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf. Zudem würde manche Falte niemals so tief werden, wenn wir unseren Lebensstil etwas hautfreundlicher gestalteten.

Faltenbringer: Sonne, Zigaretten, Alkohol und Zucker

Der größte Feind jugendlicher Haut: das Sonnenbad. Rund 80 Prozent aller sichtbaren Hautalterungsprozesse sind die Folge von zu viel UV-Strahlung. Denn sie löst das sogenannte Photoaging aus, bei dem vermehrt freie Radikale gebildet werden. Diese hochaggressiven Sauerstoffteilchen sind für Zellen der Supergau: Sie greifen Fettmoleküle an, sorgen für den Abbau des Kollagens und zerstören die Struktur der Elastinfasern. Spannkraft ade.

Auch Zigarettenkonsum versetzt die Haut in biologischen Stress. Nikotin und Kohlenmonoxid nehmen den roten Blutkörperchen die Fähigkeit, Sauerstoff zu binden. Die Haut ist schlechter durchblutet, wird bleich, grau und runzelig. Wie dramatisch schnell sich ein Gesicht durch die Glimmstängel verändert, zeigt eine Studie der Case Western Reserve University im amerikanischen Cleveland. Bei der Untersuchung von rauchenden und nicht rauchenden Zwillingen  ergab sich eine erschreckende Gleichung: Wer zehn Jahre lang täglich 20 Zigaretten quarzt, verliert optisch 2,5 Lebensjahre.

Ebenfalls Gift für die Haut: zu viel Alkohol und Zucker. Bier & Co. weiten die Blutgefäße und begünstigen Rosazea, eine Hautkrankheit, die sich durch unschöne rote Flecken auf Nase und Wangen äußert. Isst man oft zuckerhaltige Lebensmittel, führt das zur sogenannten Glukation. Zucker, der vom Körper nicht abgebaut werden kann, heftet sich an die Fasern der Haut. Diese verhärtet dann, wird weniger elastisch, bildet schneller Knitterfältchen.

Landluft hält jung

Noch weitgehend unerforscht ist hingegen, welche Rolle die Luftverschmutzung bei der vorzeitigen Hautalterung spielt. Jean Krutmann und sein Team gehören hier zu den Vorreitern. Die Wissenschaftler setzten Hautstücken im Labor Schadstoffen aus und nahmen auch die Haut von 400 älteren Frauen aus dem Ruhrgebiet unter die Lupe. „Insbesondere Ruß aus Dieselmotoren hat sich als schädigend herausgestellt“, sagt Krutmann. So bilden sich durch die schmutzige Luft vermehrt Pigmentflecken und bis zu 20 Prozent mehr Falten als bei Frauen vom Lande.

Doch Falten hin oder her: Letztendlich unterstreichen sie auch unsere Lebensgeschichte, die wir auf Klassentreffen erzählen.