Altern in anderen Ländern

30.07.2018

Warum die 13 Kenia Glück bringt

In Kenia hat sich die Lebenserwartung seit dem Millennium um ganze 13 Jahre erhöht. Wie – um alles in der Welt – ist das nur gelungen?

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Blick in die Zukunft: Was die Lebenserwartung betrifft, haben Kenianer viel Grund zur Freude.

„Pole pole!“ bedeutet „Immer mit der Ruhe!“ auf Swahili. Das sagen Kenianer gern, wenn sie sich zum Plausch auf der Straße begegnen. Das sich das ostafrikanische Land derzeit in vielen Punkten als Musterknabe des Kontinents präsentiert, hat wohl nur indirekt mit dieser Lebenseinstellung zu tun. Nicht nur wirtschaftlich – das Bruttoinlandsprodukt ist in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gewachsen – vor allem bei der Lebenserwartung hat das Land seit der Jahrtausendwende einen großen Sprung gemacht. Von 53,2 auf 66,7 Jahre – dramatisch also, auf einen der höchsten Werte in Sub-Sahara-Afrika.

Viel weniger AIDS als in den 90er Jahren

Entscheidender Faktor ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Rückgang von Aids. Die Immunschwächekrankheit hatte die Lebenserwartung während der 1990er Jahre in weiten Teilen des Kontinents drastisch sinken lassen. Das bestätigt auch die deutsche Kenia-Kennerin Johanna Wiest: „Ein Hauptgrund für die zunehmende Lebenserwartung ist wohl der starke Rückgang der Kindersterblichkeit und ein Sinken der HIV/Aids-Rate“, berichtet die Projektleiterin. Wiest arbeitet für eine Nichtregierungsorganisation in Kenias Hauptstadt Nairobi.

Damit die Kindersterblichkeit sinken kann, müssen die Mütter gesund sein: „Eine zentrale Ursache dieser positiven Entwicklung ist der Rückgang der Müttersterblichkeit von 759 von 100.000 Lebendgeburten im Jahr 2000 auf 510 im Jahr 2015“, weiß  Christoph Diener vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In derselben Zeitspanne sei die durchschnittliche Anzahl von Geburten je Kenianerin von 5,2 auf 3,9 zurückgegangen. Möglich war dies auch dank internationaler Bemühungen.

Gesundheitspersonal ist geschult und motiviert

Wie gelingt nun gute Entwicklungsarbeit? Sich mit den Bedürfnissen der Menschen vor Ort zu befassen, ist der Schlüssel zum Erfolg, sind sich die Experten im BMZ sicher.

Ein Beispiel:  Wenn im Bezirk Kisumu, am nordöstlichen Ufer des Victoriasees, eine Mutter oder ein Säugling in Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Geburt stirbt, wird das ein Fall für die leitenden Gesundheitsfachkräfte der Region. Rosemary Obara, Gesundheitsministerin für den Bezirk Kisumu, nimmt an den monatlichen Besprechungen persönlich teil. „Es geht uns nicht darum, Schuld zuzuweisen, denn damit kommen wir nicht weiter“, erläutert sie. „Wir müssen gemeinsam herausfinden, was wir tun können, damit sich kein Fehler wiederholt.“

Mütter- und Säuglingssterblichkeit sinkt

Darüber sei es gelungen, dass die Mütter- und Säuglingssterblichkeit in Kisumus Krankenhäusern zurückgeht. Juliana Otieno, Direktorin von Kisumus Referenz- und Lehrkrankenhaus, erinnert sich: „Als wir zum ersten Mal berichten konnten, dass im vergangenen Monat keine einzige Mutter im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Geburt gestorben war, belohnten unsere Kolleginnen und Kollegen uns mit stehenden Ovationen. Das hat alle angespornt.“

Auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen haben ihren Beitrag zur höheren Lebenserwartung geleistet. Die Initiative „Dentists for Africa“ etwa hat in den letzten 20 Jahren diverse Zahnstationen und eine Witwenkooperative im Land gegründet. Außerdem vermitteln die Mitglieder Patenschaften für Waisenkinder. Um Armut und ihre Folgen zu bekämpfen, ermögliche Dentists for Africa jungen Kenianern aus armen Familien Zugang zu Bildung, sagt Generalsekretär Peter Dierck. „Wir engagieren uns in der Prävention von HIV/Aids, fördern Krankenhäuser vor Ort mit Material und funktionierender Ausrüstung und leisten schließlich zahnmedizinische Vorsorge.“

Stadt-Land-Gefälle besteht in Kenia weiterhin

Ungeachtet aller Fortschritte wird Hilfe zur Selbsthilfe noch lange nötig sein. Wer einmal abseits der Safari durch das Land gereist ist, nimmt schnell wahr:  Gerade in den ländlichen Regionen leben immer noch viele Kenianer unter einfachsten Bedingungen in Wellblechhütten. Es bleibt also zu hoffen, dass sich die positiven punktuellen Entwicklungen eines Tages über das ganze Land erstecken werden.