Verheiratete leben länger als Singles
Die Ehe verliert an Bedeutung. Für die Lebenserwartung ist das eher schlecht. Denn mit Partner wird man älter. Das gilt besonders für Männer.
Die Deutschen sind ein Volk von Heiratsmuffeln geworden. So gab es Ende 2014 „nur“ noch 17,5 Millionen verheirate Paare – 1,6 Millionen weniger als zehn Jahre zuvor. Immer mehr Menschen leben entweder allein oder verzichten auf einen Trauschein, wenn sie einen Partner haben.
Dabei wäre für die eigene Lebenserwartung ein Trauschein gar nicht so verkehrt. Denn Studien zeigen, dass Ehepartner länger leben als Singles. „Tatsächlich übersteigt die Lebenserwartung der Verheirateten die der ungebundenen Zeitgenossen gleich um mehrere Jahre“, sagt Thomas Klein, Professor am Max-Weber Institut für Soziologie in Heidelberg. Seit Jahren untersucht er die Auswirkungen des Wandels der Partnerschafts- und Familienbiografie auf die Gesundheit und stellt fest: „Das Sterberisiko von Verheirateten ist um 24 Prozent niedriger als das von gleichaltrigen Dauer-Singles.“ Heißt: Während innerhalb eines Jahres beispielsweise 100 Alleinstehende sterben, sind es im gleichen Zeitraum lediglich 76 Verheirate gleichen Alters.
Zusammenhang von Beziehungsstatus und Lebenserwartung lange bekannt
Dass der Familienstand die Lebenserwartung mit beeinflusst, wissen die Demografen schon lange. Bereits 1858 beobachtete der britische Epidemiologe William Farr bei der Durchsicht des französischen Sterberegisters einen Zusammenhang zwischen Beziehungsstatus und Langlebigkeit. Seitdem forschen Wissenschaftler nach den Ursachen und haben im Wesentlichen zwei Gründe für die Unterschiede in der Lebenserwartung von Verheirateten und Alleinstehenden ausgemacht: den sogenannten Protektions- und den Selektionseffekt.
Nach der Protektionstheorie profitieren Verheiratete vom ihrem geregelteren Leben und der gegenseitigen Fürsorge. „Eine stabile Partnerschaft bietet Absicherung und Unterstützung – ob finanziell oder emotional in Form von Nähe und Beistand. Man spricht hier auch von einer sinnstiftenden Wirkung“, sagt Klein. Die Partner unterliegen einer sozialen Kontrolle, hinzu kommt die Verantwortung füreinander und möglicherweise die Kinder. Dies alles führt dazu, dass ungesunde Gewohnheiten wie Rauchen oder starker Alkoholkonsum in Partnerschaften seltener sind. Auch riskantes Verhalten, wie beispielsweise schnelles Autofahren, ist eher unüblich. Und mitunter reicht es schon aus, wenn der Partner einen ermahnt, sich angesichts von Minustemperaturen warm anzuziehen.
Männer profitieren besonders von der Ehe
Die Selektionstheorie sieht die höhere Lebenserwartung von Verheirateten dagegen weniger in den positiven Effekten der Ehe begründet, sondern vielmehr als Ergebnis einer negativen Auslese. „Es finden häufig jene Menschen eher einen Partner, die ohnehin körperlich fitter und gesünder leben und damit gute Chancen auf ein langes Leben haben“, erläutert Klein. Anders formuliert: Menschen mit chronischen Erkrankungen, stark Übergewichtige oder Alkoholiker leben nicht nur kürzer, sie bleiben auch häufiger allein. Schon deshalb kommen Singles auf eine niedrigere Lebenserwartung als Verheiratete.
Welcher Effekt auch überwiegt: Es sind besonders die Männer, die von der Ehe profitieren. Ihre Lebenserwartung ist ja generell niedriger als die von Frauen, und das liegt neben genetischen Faktoren vor allem an ihrem riskanteren Verhalten: Sie rauchen mehr, trinken öfter Alkohol, sind im Straßenverkehr forscher und besuchen seltener den Arzt. In einer Partnerschaft jedoch färbt der gesündere Lebensstil der Frauen auf die Männer ab – was ihrer Lebenserwartung extrem gut bekommt, wie eine Studie aus Tschechien belegt. Demnach leben verheiratete Männer bis zu neun Jahre länger als gleichgeschlechtliche Singles. Verheiratete Frauen kommen dank ihrer Gemahlen hingegen „nur“ auf sieben zusätzliche Jahre.
Je jünger die Frau, desto besser für den Ehegatten
Männer sollten aber auch auf das Alter und den Bildungsstand ihrer Partnerin achten, wenn sie besonders alt werden wollen. Klingt schräg, ist aber durch die Statistik belegt, wie Wissenschaftler Klein weiß. „Männer profitieren tatsächlich von einer jüngeren und klugen Frau.“ Eine Erklärung: Intelligente Frauen fordern die Männer geistig länger und bewahren sie so vor einer Demenzerkrankung. Wie eine Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung zeigt, liegt das Risiko eines vorzeitigen Todes für einen Mann mit einer sieben bis neun Jahre jüngeren Frau elf Prozent unter dem von Männern mit gleichaltrigen Ehefrauen.
Frauen ziehen indes keinen Nutzen aus der Konstellation mit einem älteren Mann: Sie sollten eher einen gleichaltrigen Ehepartner wählen. Denn je größer die Altersdifferenz zum Partner ist, desto schlechter für die Lebenserwartung – unabhängig davon, ob der Ehemann älter oder jünger ist. Forscher glauben, dass Frauen mit einem deutlich jüngeren oder älteren Partner häufiger mit gesellschaftlichen Vorurteilen zu kämpfen haben. Sie geraten dadurch in einer Außenseiterrolle und sind häufiger Stress ausgesetzt. Und leben deshalb kürzer.
Zusammenleben ist entscheidend, nicht der Trauschein
Allen Heiratsmuffeln sei zum Trost noch gesagt: Sie müssen nicht unbedingt den Bund fürs Leben eingehen, eine wilde Ehe reicht völlig aus. „Unsere Untersuchungen an der Uni Heidelberg haben gezeigt, dass ein gemeinsamer Haushalt der entscheidende Faktor ist. Denn wenn man zwei Gehälter in einen Topf wirft, bringt das auch einen gewissen Wohlstandsgewinn mit sich“, erklärt Klein. Zusammenlebende Paare könnten sich häufig mehr leisten als Alleinstehende. Und das Vermögen hat wiederum einen starken Einfluss auf die Gesundheit, so Klein. Fazit: Somit lebt länger, wer zusammenlebt – ein Trauschein macht es nur offiziell.