Langlebigkeit

28.12.2020

Lebens­stil ist doch wich­ti­ger als die Gene

Jeder hat es größtenteils selbst in der Hand, wie lange er lebt. Denn die Gene haben weit weniger Einfluss, als viele denken.

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Die Gene bestimmen nur wenig, wie alt wir werden können. 

Menschen, die 90 oder gar 100 Jahre alt sind, schlägt oft eine Mischung aus Bewunderung und Gleichmut entgegen. Gute Gene, heißt es dann oft, wenn Bekannte über die Gründe für das hohe Alter mutmaßen – ganz so, als sei ein langes Leben von Natur aus gegeben.

Doch tatsächlich ist der Einfluss des Erbguts auf die Lebenserwartung gar nicht so groß, wie viele denken. „In der Medizin weiß man heute, dass die Art und Weise, wie wir altern, zu 30 bis 40 Prozent in unseren Genen festgeschrieben ist. Die anderen 60 bis 70 Prozent hängen von unserer Lebensweise ab“, sagt Professor Lenhard Rudolph vom Leibniz-Institut für Alternsforschung in Jena.

Gene verlängern Leben „nur“ um fünf Jahre

Möglicherweise liegt selbst diese Schätzung noch zu hoch, wie die Auswertung eines umfangreichen Stammbaums zeigt, die 2018 veröffentlicht wurde. Anhand der Geburts- und Sterbedaten von drei Millionen Verwandten, die zwischen 1600 und 1910 geboren wurden, untersuchten US-Ahnenforscher die Bedeutung der Gene für die Langlebigkeit. Das Ergebnis: Die Erbanlagen beeinflussen das Alter gar nur zu 16 Prozent, gute Gene können das Leben demnach durchschnittlich „nur“ um fünf Jahre verlängern. „Das ist nicht viel“, resümiert Studienleiter Yaniv Erlich.

Schon gar nicht, wenn man sich verdeutlicht, wie viel Lebenszeit allein das Rauchen kostet. Fast sieben Jahre verliert ein aktiver männlicher Raucher gegenüber jemandem, der zeitlebens nie zur Zigarette gegriffen hat. Mit dem Verzicht auf Tabak oder übermäßigen Alkoholkonsum ist also schon viel gewonnen, denn das sind mit die größten Lebenszeitkiller überhaupt. Wer gleichzeitig noch aktiv ist, regelmäßig Sport treibt und sich gesund ernährt, der betreibt die beste Gesundheitsvorsorge und vergrößert seine Chancen auf ein hohes Alter erheblich.

Gesunde Lebensweise hat auch im Alter einen Nutzen

Den Grundstein dafür legt jeder bereits in seiner Jugend. „Idealerweise sollte man schon frühzeitig damit beginnen, auf seine Gesundheit zu achten“, rät Alternsforscher Rudolph. Denn Einflüsse wie Ernährung, Rauchen oder Bewegung wirkten das ganze Leben hindurch. Und wenngleich sich nicht alle „Jugendsünden“ im Verlauf des Lebens wieder ausgleichen lassen, so zahlt sich ein Sinneswandel selbst später noch aus. „Eine gesunde Lebensweise hat auch im Alter noch einen Nutzen“, betont Rudolph.

Für ein biblisches Alter braucht es dann doch gute Gene

Um aber wirklich steinalt zu werden, also 110 Jahre oder mehr, braucht es dann doch die sprichwörtlich guten Gene. Sie unterdrücken bei den sogenannten Supercentenarians, deren Zahl auf 300 bis 450 weltweit geschätzt wird, überdurchschnittlich lange typische Altersleiden wie Krebs. Denn sie zeichnet eine bis zuletzt gute körperliche Verfassung aus. „Die Phase von Krankheit und Degeneration vor dem Tod ist bei diesen Menschen unglaublich kurz“, sagt Thomas Perls, Gerontologe an der Boston University. Er schätzt den Einfluss der Gene bei den Superalten auf 75 Prozent.

Nun suchen Forscher nach ebenjenen Faktoren für den Langlebigkeitsschutz. „Das sind aber wohl über 130 Gene, die eine Rolle spielen“, erklärt Perls. Die richtige Kombination sei seltener als ein Sechser im Lotto.