Gesunde Ernährung

11.05.2017

Das rich­tige Rezept für ein lan­ges Leben

In den sogenannten Blauen Zonen werden die Menschen überdurchschnittlich oft 90 oder gar 100 Jahre alt. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Essen.

Essen, das alt macht: Das Kochbuch der 100-Jährigen enthält 53  Gerichte aus Gegenden, in denen Menschen überdurchschnittlich lange leben.

Wenn Wissenschaftler von „Blauen Zonen“ sprechen, geht es eigentlich auch um die Farbe grau. Denn die Blauen Zonen – oder Blue Zones genannt – beschreiben Gegenden, in denen die Menschen besonders alt werden. Wo also viele Grauhaarige leben.

Weltweit gibt es je nach Sichtweise fünf bis sieben solcher Gegenden: Die japanische Insel Okinawa zählt beispielsweise dazu, die griechische Insel Ikaria, die italienische Insel Sardinien, die Halbinsel Nicoya in Costa Rica und Småland in Schweden. Überall dort werden die Bewohner überdurchschnittlich oft 90 oder gar 100 Jahre alt. Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes, Krebs oder Demenz treten in diesen Regionen seltener auf.

Essen beeinflusst Lebenserwartung

Die Entdeckung der Altershochburgen ist der Akribie einiger Wissenschaftler zu verdanken, die sich durch regionale Sterberegister gekämpft haben. Zwei von ihnen sind der belgische Demograf Michel Poulain und der italienische Statistiker Gianni Pes. Beide werteten die Geburtsdaten der Einwohner Sardiniens aus und umkreisten die auffälligsten Orte auf der Landkarte mit einem blauen Kugelschreiber. So entstand der Begriff „Blue Zones“, den Poulain und Pes erstmals 2004 in einem wissenschaftlichen Aufsatz nutzten.

Mit Aufspüren der Gegenden begann sogleich die Suche nach den Gründen dafür, warum die Bewohner dort sehr alt werden. Der Vergleich der Lebensverhältnisse, des Alltags der Menschen und ihrer Lebensgewohnheiten ließ die Forscher alsbald vermuten, dass die Ernährung eine wichtige Rolle spielt. „Der gemeinsame Nenner scheint zu sein, dass all diese Menschen natürliche, wenig verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen“, sagt der schwedische Wissenschaftsjournalist Henrik Ennart.

Kochbuch zeigt Esskultur in den Blauen Zonen

Ennart hat sich gemeinsam mit seinem Landsmann und Sternekoch Niklas Ekstedt auf Entdeckungsreise begeben und typische Speisen aus den Blauen Zonen zusammengetragen. Daraus entstand das im Fackelträger Verlag erschienene „Kochbuch der 100-Jährigen“ – ein kulinarischer Reiseführer mit 53 Gerichten von Okinawa bis Småland in Schweden, garniert mit einer kurzen Vorstellung der Gebiete und der jeweiligen Essgewohnheiten vor Ort.

Dabei fällt auf: Die Ernährung der Bewohner in den Blauen Zonen ist zum Großteil fleischlos und sehr abwechslungs- sowie nährstoffreich. Viel Fisch gehört dazu, viel frisches Obst und Gemüse, dafür wenig Zucker und Weizen. Die Menschen essen ohnehin eher wenig, gerade so viel wie nötig. So zeigt sich auch in der Esskultur die Sparsamkeit der Menschen in den Blauen Zonen, die aufgrund der rauen Umweltbedingungen zumindest in der Vergangenheit oft mit sehr wenig auskommen mussten.

Ernährung nur ein Baustein von vielen

Ennart und Ekstedt sind nicht die ersten, die mit ihrem Kochbuch den Mythos um die Blauen Zonen vermarkten. Nahrungsmittelhersteller und Verlage machen sich den Kult um die Altershochburgen schon lange zunutze, etliche Diäten und Bücher wurden dazu bereits veröffentlicht. Der US-amerikanische Journalist Dan Buettner, der mit seinen Reportagen im National Geographic die Orte der Langlebigkeit erst richtig populär machte, hat sich den Begriff „Blue Zones“ sogar als Marke eintragen lassen und verkauft Ratgeber für ein längeres Leben. Passend zum Zeitgeist einer gesellschaftlichen Elite, die gesunde Ernährung als Teil der Selbstoptimierung zur Norm erhebt.

Dabei ist die Ernährung längst nicht der einzige Grund für das hohe Alter der Menschen auf Okinawa oder Sardinien. Fast ebenso wichtig ist ausreichend Bewegung. Die Menschen in den Blauen Zonen haben ihr Leben lang hart gearbeitet und waren sehr aktiv. Entspannung prägt ihr Leben jedoch genauso. Die Blauen Zonen sind meist abgelegen, das Leben verläuft in ruhigeren Bahnen. Das heißt weniger Stress, dafür viel Zeit – auch für die Pflege sozialer Bindungen. „Die Ernährung ist ein wichtiges Element in einem Lebensstil, der den Menschen eine gesunde Balance zwischen körperlicher Beweglichkeit und Entspannung verschafft“, betont Ennart.

Menschen in Blauen Zonen haben auch Laster

Mit dem richtigen Mix aus Belastung und Erholung sind selbst ein paar Verfehlungen verzeihlich, wie die Einwohner der griechischen Insel Ikaria beweisen. Laut Ennart hat dort fast die Hälfte der Alten im Leben geraucht. Auch ihr Alkoholkonsum liege eher am oberen Ende der empfohlenen Menge von ein bis zwei Gläsern Rotwein pro Tag. „Es geht also nicht darum, sich sklavisch an ein paar Anweisungen zu halten“, so Ennart.

Es ist ein kleiner Trost für alle, die sich nicht ganz so tugendhaft ernähren. Ein paar Laster haben die Menschen in den Blauen Zonen eben auch.

Rezept: Spaghetti mit Tomaten, Knoblauch, Olivenöl, Fisch und Meeresfrüchten*

© Ulrika Pousette

Spaghetti mit Fisch und Meeresfrüchten steht auf dem Speiseplan der Bergbewohner auf Sardinien.

1 kg Herzmuscheln oder Miesmuscheln
3 Schalotten
4 Knoblauchzehen
ca. 2 EL Olivenöl
300 ml Weißwein
8 Thymianzweige
3 EL Butter
10 Cocktailtomaten
3 EL Tomatenmark
300 g Kabeljau (oder anderer weißfleischiger Fisch)
600 g Spaghetti, gekocht
2 EL gehackte Petersilie


Zubereitung:

  1. Muscheln mit kaltem Wasser abspülen, abbürsten und den „Bart“ entfernen. Muscheln, die sich beim „Anklopfen“ nicht schließen, müssen weggeworfen werden. Danach abtropfen lassen.
  2. Schalotten und Knoblauch schälen und hacken. In einem großen Topf, der die Muscheln gut aufnehmen kann, die Hälfte der Zwiebelwürfel und ein Viertel des Knoblauchs etwa 3 Minuten in Olivenöl anbraten.
  3. Die Muscheln dazugeben und weitere 2 Minuten sautieren. Den Wein dazugeben und den Topf verschließen. Kochen, bis sich alle Muscheln geöffnet haben.
  4. Die Muscheln herausnehmen und die Kochflüssigkeit anschließend auf die Hälfte einreduzieren lassen.
  5. Den übrigen Knoblauch, die restlichen Zwiebelwürfel und die Thymianzweige in der Butter etwa 3 Minuten anbraten.
  6. Die Cocktailtomaten halbieren und mit dem Tomatenmark dazugeben.
  7. Den Fisch in 2 cm große Würfel schneiden und zusammen mit der Kochflüssigkeit dazugeben und etwa 10 Minuten köcheln lassen.
  8. Die Spaghetti nach Packungsanweisung al dente kochen.
  9. Wenn der Fisch gar ist, die Muscheln und die gekochten Spaghetti unterheben. Alles gut vermischen, mit Petersilie und Olivenöl servieren.

* entnommen aus dem Buch „Das Kochbuch der 100-Jährigen“. Mit freundlicher Genehmigung des Fackelträger Verlags. Bildnachweis: © Ulrika Pousette, Edition Fackelträger