7 Nobelpreise für ein langes Leben
Dass unsere Lebenserwartung heute so hoch ist, haben wir vor allem der Wissenschaft zu verdanken. Diese sieben Entdeckungen wurden gar mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet.
Medizinische Fortschritte zählen zu den wichtigsten Gründen dafür, dass sich die Lebenserwartung innerhalb von 150 Jahren nahezu verdoppelt hat. Dies zeigt sich beispielsweise in den Erfolgen zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, die Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Lebensdauer führte. Daneben gibt es – auch aus der jüngeren Vergangenheit – viele weitere medizinische Durchbrüche, die unser Leben verlängert haben – und es auch künftig noch tun werden. Für diese sieben Meilensteine gab es sogar einen Medizinnobelpreis.
1. Impfung gegen Diphterie – Emil von Behring (1901)
Noch Ende des 19. Jahrhunderts kam es einem mittleren Wunder gleich, wenn ein Kind seine Einschulung erlebte. Denn jedes zweite starb, bevor es fünf Jahre alt war. Die durchschnittliche Lebenserwartung neugeborener Mädchen lag bei 38,5, die der Jungen sogar nur bei 35,6 Jahren. Neben mangelnder Ernährung, Typhus und Cholera trug vor allem die Diphterie große Schuld daran. Die bakterielle Infektionskrankheit führte damals meist unweigerlich zu einem qualvollen Erstickungstod und kostete jährlich rund 50.000 junge Menschenleben. In den 1890ern gelang es Emil von Behring jedoch, den „Würgeengel der Kinder“ zu vertreiben. Der deutsche Immunologe entwickelte eine passive Schutzimpfung und erhielt dafür 1901 den ersten Medizin-Nobelpreis der Geschichte.
Heute ist die Lebenserwartung im Vergleich zur Jahrhundertwende mehr als doppelt so hoch – vor allem auch dank Pionieren wie Behring. Bereits in den 1920er-Jahren hatte sich die Kindersterblichkeit halbiert; mittlerweile liegt sie hierzulande nur noch bei 0,4 Prozent. Fast jedes Neugeborene hat damit die Chance, das Erwachsenenalter zu erreichen – und ein langes Leben zu führen.
2. Grundlagen der Organtransplantation – Alexis Carrel (1912)
Dass 1954 zum ersten Mal eine Niere und 1967 erstmals ein Herz transplantiert wurden, wäre ohne die Vorarbeit von Alexis Carrel undenkbar gewesen. Denn der französische Chirurg und ab 1912 Nobelpreisträger entwickelte Verfahren, durch die Spenderorgane erfolgreich an den Blutkreislauf von Patienten angeschlossen werden können. Darunter die nach ihm benannte Carrelsche Naht, eine Nahttechnik zur Verbindung mehrfach durchtrennter Blutgefäße. Zudem konnte er nachweisen, dass zum Beispiel Herzzellen außerhalb des Körpers nicht absterben, sondern unter bestimmten Bedingungen funktionsfähig bleiben. Bis heute wurden in Deutschland rund 146.000 Organe verpflanzt. Im Idealfall können vormals Todkranke durch eine Transplantation weitere 15 bis 20 Jahre leben.
3. Entdeckung des Penicillins – Alexander Fleming (1945)
Als der Bakteriologe Alexander Fleming im September 1928 sein Londoner Labor nach Wochen wieder betrat, entdeckte er etwas Ungewöhnliches: Eine Petrischale, in der er vor seinem Urlaub eine Bakterienkultur angelegt hatte, stand noch immer ungereinigt auf dem Tisch. Von den Bakterien war allerdings kaum noch etwas übrig: Ein grüner Schimmelpilz hatte sie zerstört. Fleming gelang es, die bakterientötende Substanz aus dem Schimmel zu extrahieren – und nannte sie Penicillin. Das Antibiotikum, das ihm 1945 den Nobelpreis einbrachte, revolutionierte die Medizin und rettete unzählige Menschenleben. So konnten Ärzte endlich bis dahin meist tödlich verlaufende Infektionen behandeln – etwa Wundbrand, Tetanus, Scharlach, Syphilis und Lungenentzündung.
4. Entwicklung der Betablocker – James Whyte Black (1988)
Für einen medizinischen Meilenstein ist auch James Whyte Black verantwortlich. Der schottische Pharmakologe entwickelte 1964 Propranolol, den weltweit ersten Betablocker, und wurde dafür 24 Jahre später mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Der Arzneistoff lindert unter anderem Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen und war zusammen mit Erfindungen wie dem Herzschrittmacher Auslöser der sogenannten „kardiovaskulären Revolution“. Damals, in den 1960er und 1970er-Jahren, gingen Herz-Kreislauf-bedingte Todesfälle wie Herzinfarkt oder Schlaganfall massiv zurück und die Lebenserwartung stieg gehörig.
5. Entdeckung des Enzyms Telomerase – Elizabeth Blackburn (2009)
Wie wir altern (und warum eigentlich), konnte lange Zeit niemand so recht beantworten. Erst der Molekularbiologin Elizabeth Blackburn und ihrem Forscherteam gelang hier der Durchbruch. Das Geheimnis liegt in den Telomeren, den Schutzkappen unserer Chromosomen. Bei Kindern sind diese noch lang und robust; mit 65 haben sie sich in der Regel um die Hälfte verkürzt. Die Folgen: Wir bekommen Falten, weil die Zellerneuerung ins Stocken gerät, und werden anfälliger für chronische Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten. Den Medizin-Nobelpreis erhielt Blackburn jedoch für die bedeutende Erkenntnis, dass der Alterungsprozess durchaus verlangsamt, ja zum Teil sogar rückgängig gemacht werden kann. Zentral ist dabei das von ihr 1985 entdeckte Enzym Telomerase. Es ist in der Lage, Telomere zu reparieren, und wird gebildet, wenn wir Sport treiben, ausreichend schlafen, nicht rauchen und uns vollwertig ernähren.
6. Durchbruch bei der Stammzellenforschung – Shin‘ya Yamanaka (2012)
Wird ein Mensch heute 100 Jahre oder sogar noch etwas älter, ist das eine Sensation. Dank der Arbeit von Shin‘ya Yamanaka könnte ein solch langes Leben in Zukunft jedoch gar nicht mehr so außergewöhnlich sein. Dem japanischen Forscher ist es nämlich gelungen, reife Körperzellen in unreife Stammzellen zurückzuverwandeln. Dafür schleuste er vier Gene – auch Yamanaka-Faktoren genannt – in die Zellen ein, woraufhin sich diese reprogrammierten. Schon bald, so der Traum, könnte man aus diesen körpereigenen Stammzellen neue Zellen für Haut, Leber, Nieren oder Gehirn züchten und damit Erkrankungen wie Alzheimer heilen. Dass sich durch Yamanakas Entdeckung, für die er 2012 den Medizin-Nobelpreis bekam, das biologische Alter tatsächlich aufhalten lässt, konnte in Tierversuchen bereits bestätigt werden: Junge Mäuse, die mit der Methode behandelt wurden, lebten länger als ihre unbehandelten Artgenossen; ältere Mäuse waren nach dem Experiment körperlich enorm verjüngt.
7. Erkenntnisse über Autophagie – Yoshinori Ōsumi (2016)
Etwas Nobelpreisgekröntes über das Altern hat auch Yoshinori Ōsumi herausgefunden. Das Forschungsgebiet des japanischen Zellbiologen ist die Autophagie, also die Fähigkeit unserer Zellen, schädliche Strukturen, die sich mit der Zeit in ihnen ansammeln, zu „verdauen“ und sich so selbst zu reinigen. Bis Mitte der 1990er-Jahre glaubte man, dass dieses „Recycling-Programm“ automatisch abläuft und mit zunehmendem Alter unweigerlich immer schlechter funktioniert. Ōsumi bewies jedoch das Gegenteil: Autophagie kann sehr wohl beeinflusst und von außen aktiviert werden. Und zwar, wenn man die Zellen regelmäßig unter Stress setzt. Zum Beispiel durch das Hungern beim Fasten oder durch Sport, der richtig ins Schwitzen bringt. Statt abzusterben, können gealterte Zellen so wieder funktionsfähig gemacht werden. Für das Leben von uns Menschen bedeutet das: Es lässt sich verlängern, weil altersbedingte Krankheiten wie Demenz oder Gefäßverkalkung hinausgezögert oder ganz vermieden werden.