Die Menschen leben nicht nur länger. Sie fühlen sich im Alter auch immer besser und sind so aktiv wie keine Generation zuvor. Den Alltag älterer Menschen hat die Fotografin Gabriele Kostas mit ihrer Kamera eingefangen.
Für ihre Ausstellung „Europas neue Alte“ in Berlin hat sie insgesamt 32 Menschen im Alter von 65 bis 97 porträtiert. So lernte sie zum Beispiel den Belgier Michel kennen, der in Portugal seine große Liebe fand und nun mit seinem brasilianischen Partner zusammen ein Bed & Breakfast betreibt. Oder den Politiker Ilias aus Georgien, der mit 66 Jahren ins Kloster gegangen ist.
Wir stellen Ihnen neun dieser Menschen vor.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Ingemar, 73, Schweden: Wenn Ingemar seine Freundin besuchen will, setzt er sich auf sein Motorrad und braust 250 Kilometer durch die skandinavische Landschaft. Seit der Scheidung vor 15 Jahren lebt er lieber allein. Er braucht seine Freiheit. Auch deshalb sind wohl Motoren seine große Leidenschaft: Das eigene Motorrad und Wohnwagen garantieren ihm Unabhängigkeit.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Hegumen Ilia, 72, Georgien: Früher war er Politiker und Kommunist – heute Klostervorsteher. Mit 66 Jahren kam mit dem Tod seiner Frau der Wendepunkt in Ilias Leben. Er ging kurzerhand ins Kloster und vereint dort für sich den christlichen Glauben mit dem Kommunismus.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Michel, 67, Belgien/Portugal: Alles nochmal neu: Spät im Leben hat Michel seine große Liebe gefunden und ist von Belgien nach Portugal gezogen. Mit seinem Mann Oséias – einem brasilianischen Künstler, Restaurator und Innendekorateur – betreibt er nun ein Bed & Breakfast. Mit der neuen Heimat Portugal ist der frühere Immobilienmakler schon lang eng verbunden: Seine ersten Gehversuche unternahm er als Kind nicht weit von seiner heutigen Pension.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Ilse, 94, Deutschland: Ihrem Motto „Wer etwas weiß, soll es weitergeben.“ bleibt die 94-Jährige bis heute treu und unterrichtet weiterhin Kulturgeschichte. Momentan ist sie dabei, ihr Wissen in einen Lehrfilm einzubringen, falls sie eines Tages doch nicht mehr ihre Vorträge halten kann. Ihre Kenntnisse erwarb sie unter anderem, indem sie durch Kriegsdeutschland reiste und durch den Luftkrieg bedrohte, denkmalwürdige Bauernhäuser zeichnete.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Manolis, 69 und Fontini, 63, Griechenland: Stammgäste sind in der Gastronomie ganz normal. Wenn jedoch Gäste einzig für eine Taverne mehrfach im Jahr Tausende von Kilometern zurücklegen, ist das etwas Besonderes. Der Grund für die vielen Griechenlandreisen: Fontini, die liebenswerte Küchenmeisterin, bewirtschaftet seit über 30 Jahren mit ihrem Mann Manolis die alte Taverne ihrer Schwiegereltern. Ruhestand? Das können die beiden ihren Stammgästen nicht antun.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Maria, 71 und Gianni, 69, Italien: Etwas Prosciutto, Bresaola oder doch lieber Trüffelsalami? Im Geschäft des Geschwisterpaars Maria und Gianni ist der Kunde König. Daher nehmen sie sich entsprechend viel Zeit für jeden einzelnen. Maria arbeitet seit sie 14 ist in dem Familienunternehmen – Gianni kam hinzu, als der Vater erkrankte. Seitdem arbeiten sie hier sechs Tage die Woche von morgens bis abends. Zeit, um eine eigene Familie zu gründen, blieb keinem von beiden. Denn noch nicht mal der siebte Tag ist frei: Sonntags muss der Laden gründlich geputzt werden.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Reinhold, 81, Deutschland: Wie schon sein Vater und Großvater vor ihm, ist Reinhold begeisterter Schmied. Sein Opa eröffnete 1903 den Handwerksbetrieb, der mittlerweile in fünfter Generation in Familienhand existiert. Dies wird auch in Zukunft so bleiben – auch der jüngste Enkel schmiedet schon fleißig – unter strenger Aufsicht vom Opa Reinhold selbstverständlich.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Tinatin, 96, Georgien: Tinatin ist so unverwüstlich und stabil wie die Häuser, die sie als Bauingenieurin plante. Das Studium hat sie einer reichen Tante zu verdanken, ebenso das Klavierspielen, das sie bis heute begeistert. Ehrgeizig und erfolgreich wie sie war, gab sie erst im Alter von 73 Jahren ihren Posten im obersten Stadtrat auf. In der Familie bleibt sie jedoch bis heute die Chefin.
© Gabriele Kostas / Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen
Wolf, 72, Deutschland: Sein Schreibtisch eignet sich als Sinnbild für seine enormen Leistungen als Hirnforscher: So voll wie Wolfs Arbeitsumgebung ist die Liste seiner Veröffentlichungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse. Sein Lieblingsspruch: „Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können“. Alle zehn bis fünfzehn Jahre gelingt ihm ein solcher Richtungswechsel. Den nächsten erwartet Wolf an seinen 80. Geburtstag.