Tourismus

03.08.2018

Der Ruhe­stand ist die beste Rei­se­zeit

Viel Zeit, noch fit und neugierig: Urlaubsträume lassen sich gerade als Rentner gut erfüllen. Für den Tourismussektor werden die Senioren immer wichtiger.

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Schiff ahoi: Ausgedehnte Kreuzfahrten sind gerade unter Älteren sehr beliebt.

Jetzt zur Ferienzeit fallen die älteren Urlauber kaum auf. Es sind ja vor allem die Familien, die die Badeorte bevölkern – ob auf Mallorca, Kreta oder Sylt. Doch die Bilder von planschenden Kindern am Strand können über eines nicht hinwegtäuschen: Entscheidend für die Zukunft der Urlaubsorte ist nicht die Jugend, sondern die Senioren.

Denn Deutschland altert, der Anteil der Rentner an der Bevölkerung steigt. Und damit werden sie auch für die Tourismusbranche eine immer wichtigere Zielgruppe. Nach einer Prognose der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen wird sich der Anteil der über 60-Jährigen an allen Urlaubsreisen von derzeit 30 auf 38 Prozent bis zum Jahr 2025 erhöhen. Und gerade Reisen zählt zu den schönen Dingen, denen sich Menschen im Ruhestand bevorzugt hingeben.

Reiseintensität ist gestiegen

Das ist kein neues Phänomen. „Gestern wie heute wollen sich viele Menschen im Alter an einem Sehnsuchtsort niederlassen und auf Reisen andere Sehnsuchtsorte besuchen“, sagt Hasso Spode, Leiter des Historischen Archivs zum Tourismus der TU Berlin. Was sich über alle Generationen aber verändert habe, sei die Reiseintensität. Zu Beginn der 1970er-Jahre unternahm erstmals gut die Hälfte der Menschen hierzulande mindestens einmal im Jahr eine Urlaubsreise. Heute sind es rund drei Viertel. „Das gilt natürlich auch für Ältere“, betont der Historiker und Soziologe.

Nur als „alt“ wollen sie überhaupt nicht gelten, und auch mit Seniorenreisen können sie kaum etwas anfangen. Das klingt nach Kurzurlaub mit Konzertmuschel und Tanztee – und passt überhaupt nicht zum Selbstverständnis und dem Lebensgefühl der Generation 65 plus. „Viele sind länger fit und haben ausreichend Geld zur Verfügung“, so Spode. Mit Begriffen wie Silver-, Golden- oder Best-Ager umgarnt die Tourismusbranche die zahlungskräftige Kundschaft. Fast 100 Euro geben Menschen ab 55 pro Urlaubstag aus – so viel wie keine andere Altersgruppe.

Bequem ja, langweilig nein

Den anspruchsvollen Rentnern müssen die Reiseveranstalter einiges bieten. Aktivurlaub ist angesagt, auch Städtereisen, Kreuzfahrten oder Badeurlaube in exotischen Ländern liegen im Trend. Und Rundreisen: Safari in Tansania und Kenia, auf Spuren der Inka durch Peru oder auf Shoppingtour im New Yorker Großstadtdschungel. „Das Spektrum der Reiseziele für Ältere ist schon größer geworden“, bestätigt Tourismus-Forscher Spode.

Gleichzeitig habe sich an der Art, Urlaub zu machen, jedoch nicht so viel verändert: Bequemlichkeit und Komfort gehören für die meisten dazu. Anbieter für Best-Ager-Reisen bieten daher häufig Rundum-Sorglos-Pakete oder Zusatzangebote. Auf Annehmlichkeiten wie eine umfassende Organisation, deutschsprachige Reiseleitung, ärztliche Begleitung, barrierefreie Hotels oder einen Abholservice direkt von zu Hause wollen auch die fitten Alten vielfach nicht verzichten.

Extremtouren sind ein Randphänomen

Und auch wenn Reiseanbieter gerne auf die Abenteuerlust der Älteren abheben oder Fernsehsender Greise auf Weltreise schicken wie jüngst das ZDF: Einen Trend zu Extrem-Urlauben erkennen Experten höchstens in der Werbung. „Raftingtouren für 80-Jährige – das hört sich spektakulär an“, sagt Spode. In Wahrheit ist der Anteil solcher Reisen seiner Einschätzung nach verschwindend klein. Eine Busreise zu den Uffizien in Florenz sei da schon realistischer.

Letztlich kommt es den Rentnern beim Urlauben auch gar nicht so sehr auf das Ziel an, wie der Soziologe meint. „Forscher sprechen gerne vom Urlaub als Symbol- und Raumkonsum – und dafür wird nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit investiert.“ Vor allem von Letzterem hätten Senioren in ausreichendem Maße. „Salopp formuliert: Für viele reisende Rentner geht es darum, Zeit totzuschlagen.“